Perfektionismus: Die Kunst zwischen Anspruch und Wirklichkeit

Die meisten von uns kennen sicherlich das Gefühl, alles perfekt machen zu müssen. Der hohe Anspruch an sich selbst, das ständige Streben nach Höchstleistungen und die Unzufriedenheit mit den eigenen Ergebnissen sind weit verbreitet.

In meiner Arbeit als Coach arbeite ich viel mit Menschen, die denken, dass das, was sie tun, nicht gut genug ist oder dass sie das Bedürfnis haben, alles perfekt machen zu müssen. Es ist allgemein verbreitet, hohe Ansprüche an sich selbst zu stellen und ständig das Gefühl zu haben, dass die eigene Leistung nicht den eigenen Standards entspricht.

Definition: Was ist Perfektionismus?

Perfektionismus ist für mich mehr als der Wunsch, alles richtig zu machen. Es ist ein überhöhter Anspruch, eine Idealvorstellung im Kopf, begleitet von ständigem Bewerten und Vergleichen zwischen dem, was sein soll und dem, was ist.

Perfektionismus hat 2 Formen

Perfektionismus hat 2 Formen

Wichtig ist: Nicht jeder hohe Anspruch im Kopf ist problematisch. Ein gesunder Ehrgeiz, die Liebe zum Detail und die persönliche Hingabe an ein Projekt sind auch eine Form von Perfektionismus. Diese Form kann als Perfektibilität bezeichnet werden.

Meiner Erfahrung nach lassen sich demnach unter den verschiedenen Ausprägungen die folgenden zwei Hauptformen unterscheiden: Dysfunktionaler Perfektionismus und funktionaler Perfektionismus (= Perfektibilität).

Schlechte Perfektion (Dysfunktionaler Perfektionismus)

Dysfunktionaler Perfektionismus ist mit Selbstsabotage verbunden. Negative Gedankenmuster hindern uns daran, innerlich frei Entscheidungen zu treffen. Sie führen uns mental in einen “Zustand des Überlebens”. Wir denken, dass wir unsere überhöhten Ansprüche brauchen, um sicher zu sein und das Leben unter Kontrolle zu haben.

Diese Form des Perfektionismus entsteht oft in der Kindheit, wenn wir bestimmte Verhaltensweisen als Überlebensstrategien erlernen, um Liebe und Anerkennung zu erhalten oder Konflikte zu vermeiden.

Mit dem Ziel, ein Gefühl von Sicherheit und Kontrolle zu erlangen, denken wir Gedanken wie „Was denken die anderen von mir, wenn ich diese Leistung nicht erbringe?” oder ”Ich muss beweisen, dass ich gut genug bin”. Diese Denkmuster gilt es nach und nach zu erkennen und sich zu fragen, ob sie wirklich wahr sind und ob sie unserem Leben und unserer Zufriedenheit tatsächlich dienen.

Gute Perfektion (Funktionaler Perfektionismus)

Perfektibilität beschreibt eine gesunde Form des Perfektionismus, die sich durch eine gesunde Hingabe und freie Entscheidungen auszeichnet. Hier sind unser Denken und unser Verhalten angemessen, wir sind selbstbewusst und die innere Haltung ist ausgeglichen. Funktionale Perfektionisten können auch mal “Fünfe gerade sein lassen” und verstehen, dass Perfektion nicht zu jeder Zeit notwendig ist.

Im Gegensatz zum dysfunktionalen Perfektionismus ermöglicht Perfektibilität einen flexibleren und ausgeglicheneren Umgang mit den eigenen Standards. Menschen, die Perfektibilität praktizieren, sehen Fehler nicht als Versagen, sondern als Chance zur Weiterentwicklung. Diese positive Orientierung ermöglicht es, den eigenen Fortschritt zu schätzen und sich kontinuierlich zu verbessern, ohne in eine negative Spirale selbstzerstörerischer Gedanken zu geraten.

Warum Perfektionismus krank machen kann

Aus meiner Sicht als Coach ist es wichtig zu verstehen, dass ein dysfunktionaler Perfektionismus erhebliche Auswirkungen auf die Gesundheit haben kann. Der Druck, ständig die eigenen Grenzen zu überschreiten, birgt die Gefahr eines Burnouts. Zudem kann der Verlust der Lebensfreude zu depressiven Verstimmungen führen, während das Festhalten am Perfektionismus Ängste verstärken kann. In meiner Coaching-Praxis ist es entscheidend, individuelle Wege zu finden, um einen ausgewogenen Umgang mit den eigenen Ansprüchen zu ermöglichen und die negativen gesundheitlichen Folgen des Perfektionismus zu minimieren.

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Ursachen von Perfektionismus

Ursachen von Perfektionismus

Wenn ich mit meinen Klienten und Klientinnen auf Ursachenforschung gehe, kommen wir meist zu dem Schluss, dass die Wurzeln des Perfektionismus in der Kindheit liegen. In der Zeit, in der wir Erfolgs- und Sicherheitsstrategien entwickeln, um in der Welt zurechtzukommen.

Die Überzeugung, überhöhten Ansprüchen gerecht werden zu müssen, prägt unsere Persönlichkeit und es wird im Laufe des Lebens immer schwieriger, die erlernten Strategien zu lockern. Mit Hilfe von verschiedenen Coaching-Tools ist dies möglich, wenn wir offen dafür sind und uns unserer selbstsabotierenden Denkmuster bewusst werden.

Anzeichen und Symptome einer Perfektionismusfalle

Unterschiedliche Anzeichen und Symptome deuten darauf hin, dass man in die Perfektionismus Falle geraten ist. Dazu gehört eine permanente Unzufriedenheit, die auch bei herausragenden Leistungen anhält. Perfektionisten zeichnen sich durch Aufschieberitis aus, getrieben von der Angst vor Fehlern und der Unfähigkeit, ihren hohen Ansprüchen gerecht zu werden. Übermäßige Selbstkritik ist ebenso charakteristisch wie Perfektionismus in Bezug auf andere, was häufig zu zwischenmenschlichen Konflikten führt. Angst vor Kritik und Ablehnung prägen das Sozialverhalten, die nicht selten mit körperlichen Beschwerden wie Kopfschmerzen oder Magenproblemen einhergehen.

Diese chronische Belastung kann auch zu sozialer Isolation führen. Perfektionisten investieren oft übermäßig viel Zeit in Aufgaben und zweifeln trotz hoher Leistung an ihrem Selbstwert. Entscheidungsschwierigkeiten aufgrund von Angst vor Fehlern runden das Bild ab, so dass Perfektionismus eine komplexe Herausforderung für das psychische Wohlbefinden darstellt.

Test: Bin ich ein Perfektionist? 10 Fragen

Als Coach ist es mir ein Anliegen, meine Klienten und Klientinnen auf eine Reise der Selbstreflexion mitzunehmen, um die eigene Einstellung zum Perfektionismus zu erkunden. Die folgenden Fragen können helfen, die Neigung zu hohen Standards und Ansprüchen an sich selbst besser zu verstehen.

  • Mache ich mir Gedanken darüber, was andere von meinen Leistungen halten könnten?
  • Vergleiche ich mich regelmäßig mit anderen und fühle mich ihnen unterlegen?
  • Neige ich dazu, mehr auf meine Misserfolge als auf meine Erfolge zu schauen?
  • Fühle ich mich leicht angegriffen oder nehme ich es mir sehr stark zu Herzen, wenn andere mich kritisieren?
  • Fällt es mir schwer, Entscheidungen zu treffen, weil ich Angst habe, das Falsche zu tun?
  • Beschäftigen mich kleine Missgeschicke noch tagelang?
  • Arbeite ich lieber mehr, als andere, um Hilfe zu bitten oder Aufgaben zu delegieren?
  • Fühle ich mich oft unruhig oder gestresst, wenn ich an anstehende Aufgaben denke?
  • Fällt es mir schwer, meine Arbeit als abgeschlossen zu betrachten, weil es immer noch etwas zu verbessern gibt?
  • Neige ich dazu, Aufgaben aufzuschieben, weil ich sie immer wieder durchgehe, um sie perfekt zu erledigen?

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Perfektionismus ablegen: Tipps wie Sie Perfektionismus überwinden

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Den Perfektionismus alleine zu überwinden, ist schwierig, da wir meist selbst gar nicht richtig merken, in welchen Denkmustern wir uns befinden. Hier ist oft die Unterstützung einer neutralen Person notwendig. Ein Coach kann helfen, Muster zu erkennen und eine andere innere Haltung zu trainieren. Das Bewusstsein über die eigenen Denk- und Verhaltensmuster zu erlangen ist immer der erste Schritt.

Anschließend geht es darum, ein neues Denken, neue Ziele und ein verändertes Verhalten zu trainieren. Eine gesunde Perfektion soll durch konstantes Üben immer normaler werden. Für unser Gehirn ist es wichtig zu verstehen, dass wir auch dann sicher sind, wenn wir an der richtigen Stelle weniger kritisch mit uns umgehen oder die Ansprüche ein wenig herunterschrauben. Hierbei helfen auch Übungen wie Meditation oder die Arbeit mit Affirmationen.

Häufig gestellte Fragen

In den Gesprächen mit meinen Klientinnen und Klienten habe ich bereits viele Fragen zum Thema Perfektionismus gehört. Die am häufigsten gestellten Fragen, die Menschen auf ihrem Weg zur Überwindung des Perfektionismus beschäftigen, findest du hier.

  • Wie erkenne ich, ob mein Streben nach Perfektion gesund oder bereits dysfunktional ist?
  • Wie kann ich neue Denk- und Verhaltensstrategien entwickeln, um den ungesunden Perfektionismus loszulassen?
  • Welche Auswirkungen hat Perfektionismus auf meine berufliche Karriere?
  • Ist es möglich und sinnvoll, Perfektionismus komplett abzulegen?
  • Wie kann ich als Elternteil erkennen, ob mein Kind perfektionistische Tendenzen zeigt?
  • Wie beeinflusst Perfektionismus die Fähigkeit, konstruktive Kritik anzunehmen?
  • Welche Unterschiede gibt es zwischen gesundem Streben nach Exzellenz und dysfunktionalem Perfektionismus?
  • Was kann ich tun, wenn die Menschen in meinem Umfeld tatsächlich sehr hohe Erwartungen an mich stellen?
  • Welche Rolle spielen Medien und soziale Netzwerke bei der Förderung von Perfektionismus?

Wer neigt zum Perfektionismus?

Perfektionismus betrifft viele Menschen. Besonders in Deutschland scheint der gesellschaftliche Einfluss diesen Anspruch zu verstärken. Es handelt sich also nicht um Einzelfälle, sondern um ein Phänomen, das sich durch die ganze Gesellschaft zieht – unabhängig vom Alter, Geschlecht, Beruf etc.

Kann Perfektionismus zu Depressionen führen?

Für mich ist es wichtig zu betonen, dass Perfektionismus verschiedene Ausprägungen hat und dass nicht jeder Perfektionist zwangsläufig von Depressionen betroffen ist. Dennoch ist der Zusammenhang zwischen Perfektionismus und Depression ein wichtiges Forschungsthema in der Psychologie.

Der übermäßige Druck, ständig hohe Standards zu erfüllen, die Angst vor Fehlern und die Unfähigkeit, eigene Erfolge anzuerkennen, sind Faktoren, die das Risiko einer depressiven Verstimmung erhöhen können. Ich erlebe es in meiner Coaching-Praxis sehr häufig, dass Menschen, die unter extremem Perfektionismus leiden, sich selbst großem Stress und ständiger Selbstkritik aussetzen, was sich langfristig negativ auf die psychische Gesundheit auswirken kann.

Fazit

Perfektionismus ist eine Gratwanderung zwischen überhöhten Ansprüchen und einem gesunden Maß an Hingabe, Einsatz und Ehrgeiz. Die bewusste Auseinandersetzung mit den eigenen Ansprüchen, das Erkennen der Ursachen und das Erlernen einer gesunden inneren Haltung sind entscheidende Schritte, um die negativen Auswirkungen des Perfektionismus zu überwinden. Es ist wichtig zu verstehen, dass Perfektion nicht immer notwendig ist und dass Selbstliebe und Selbstakzeptanz wertvolle Bestandteile eines erfüllten Lebens sind.

Wir Menschen sind so, wie wir heute denken, fühlen und handeln, nicht in Stein gemeißelt. Wir können unsere Denk- und Verhaltensmuster verändern und so ein erfüllteres Leben mit weniger Druck und mehr Leichtigkeit führen.
Melde dich gerne jederzeit bei mir, wenn du dir professionelle Unterstützung auf deinem Weg wünschst. Hier kommst du zu einem kostenlosen PDF, das dir in drei wichtigen Schritten zeigt, wie du dein Denken und dein Leben positiv verändern kannst.

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Elisabeth Kroeber
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